Holz- und Holzsystembau

Aus demselben Holz geschnitzt

20032023 Sohm Interview--3060.jpg
10. April 2024
Lesedauer: 10 Minuten

Wer im Holzbau- und im Holzsystembau gute Arbeit leisten will, der braucht viel Leidenschaft und eine Menge Know-how für und über den natürlichsten aller Baustoffe. Und gute Geschäftspartner, die das gleiche Ziel verfolgen: Mit viel Liebe zum Detail und vor allem Respekt das Beste aus dem Material herauszuholen. Sohm-Geschäftsführer Andreas Kempf und Laurent Metzler, Geschäftsführer von Metzler-Holz, geben einen Überblick über die verschiedenen Holzarten und ihre Eigenarten, verraten, wie sich der Baustoff am effizientesten nutzen lässt, und erläutern, worauf es beim Arbeiten mit Holz wirklich ankommt.

Herr Kempf, Herr Metzler, starten wir direkt mit der „Effizienzfrage“: Wieviel von einem Baum landet am Ende tatsächlich im Haus? Wieviel ist Ausschuss?

Metzler: In dem Fall starten wir am besten beim Baum im Wald: Früher wurden die Bäume wirklich in Bausch und Bogen – also mit Ästen – herausgeholt, da kamen anschließend teilweise noch die Bauern und haben das Laub als Einstreu für ihre Ställe geholt. Die Folge waren nährstoffarme Wälder. Daher ist inzwischen vorgeschrieben, dass eine gewisse Menge an „Biomasse“ im Wald bleiben muss, vom Astmaterial sind das rund 50 Prozent. Das ist auch richtig so, der Wald soll ja gesund bleiben. Diese Menge können wir aber logischerweise erst einmal abziehen.

 

Der nutzbare Stamm darf zur Gänze entnommen werden, wobei es hier auch auf den Standort ankommt. In sogenannten problematischen Lagen, wenn es also z. B. eine Hangrutschgefahr besteht, dann verbleibt aus Sicherheitsgründen natürlich mehr im Wald.

 

Die Stämme, die beim Sägewerk ankommen, verwenden wir z. B. zu rund zwei Dritteln für unsere Produkte. Dafür habe ich mit meinem Bruder, nachdem wir im väterlichen Betrieb eingestiegen sind, viel probiert und an der optimalen Einschnitttechnik gefeilt. Jetzt holen wir aus so einem Stamm aber mindestens zehn verschiedene Produkte, von der Fensterkantel bis hin zu den Rohlingen fürs Sohm-DD-Element.

 

Das restliche Drittel besteht aus Schnittfugen, Schwarten, Rinde etc. Aber auch dieses Holz wird verarbeitet, zu Spanplatten, Hackgut, Mulch, für die thermische Energiegewinnung – was gerade anfällt. Grundsätzlich gibt es bei dem Material, das dem Wald entnommen wird, keinerlei Ausschuss, alles wird verwendet!

 

Kempf: Auch das Holz, das wir erhalten, landet nicht zu 100 Prozent im Gebäude – nicht umsonst gibt es den Spruch: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Wir verarbeiten die Produkte ja weiter, kappen Holzfehler aus und hobeln daraus etwa unsere Lamellen. Aber auch diese Nebenprodukte werden weitergenutzt. Die Hobelspäne beispielsweise gehen nach Dornbirn in die Pelletsherstellung. Für diese Energieträger müssen die Späne eine gute Qualität aufweisen, sie müssen trocken und rein sein.

Welche heimischen Hölzer gib es, in welcher Quantität und Qualität?

Kempf: Zunächst mal zu den Holzarten: Unser „Brotbaum“ ist die Fichte, 50 Prozent des Bestandes in Vorarlbergs Wäldern sind Fichten. Dann haben wir noch die Weißtanne, die ist mit rund 15 Prozent vergleichbar gut vertreten. In den vergangenen 20 Jahren ist es uns gemeinsam mit den Sägewerken gelungen, die Weißtanne zu veredeln. Das erfordert ein gewisses Know-how und ist aufwändiger als z. B bei Fichte. Industrie-Sägewerke können das kaum abbilden. Wenn die Weißtanne richtig verarbeitet und veredelt wird, dann bekommt man hochwertige, wunderschöne Oberflächen.

 

Laubbäume haben wir in Vorarlberg natürlich auch, die spielen im Holzbau aktuell aber nur eine Nebenrolle. Die Verarbeitungsmöglichkeiten und auch die Normen für die sehr harten Hölzer sind da noch wenig serienreif. Mischwälder sind aber klimafitter und werden daher in Zukunft sicherlich an Bedeutung gewinnen.

 

Grundsätzlich können wir sagen, dass ca. 95 Prozent der Hölzer, die bei uns für das Diagonal-Dübelholz verarbeitet werden, in einem Radius von maximal 120 Kilometern zum Verarbeitungsort gewachsen sind.

Interview_Sohm_2.jpg
Grundsätzlich gibt es bei dem Material, das dem Wald entnommen wird, keinerlei Ausschuss, alles wird verwendet!
Laurent Metzler
Geschäftsführer, Metzler-Holz

Ab wann gilt ein Holz überhaupt als „heimisch“?

Kempf: Die Frage ist wirklich interessant. Am einfachsten wäre es wohl, jetzt zu wiederholen: Alles, was weniger als 120 Kilometer vom Verarbeitungsort entfernt wächst. Aber ich denke, beim heimischen Holz geht es nicht nur um das Material allein. Wir legen z. B. großen Wert auf die heimische Wertschöpfung. Unsere Produktion der DD-Elemente wird zu 100 Prozent von Sägewerken aus Vorarlberg beliefert, rund die Hälfte unseres Holzes erhalten wir von Metzler. Das hat nur Vorteile: Wir haben kurze Transportwege, können eng und flexibel die Termine abstimmen, bekommen das Material in der Menge und Qualität, wie wir es brauchen. Die industriellen Anbieter produzieren ihre Standardprodukte, da haben wir keinen Einfluss darauf, wie z. B. die Jahresringe liegen. Mit Metzler können wir genau besprechen, wie der Stamm eingeschnitten werden muss, damit er in der entsprechenden Qualität bei uns ankommt. Das muss man immer mitbedenken, wenn man von „heimisch“ spricht. Das ist vielleicht nicht immer der billigste Preis, aber es ist extrem zuverlässig.

 

Metzler: Das sehe ich genauso. Wichtig ist, dass wir – im wahrsten Sinne – eine Sprache sprechen, uns respektieren, vertrauen und gemeinsam an der besten Lösung arbeiten. Mit Sohm stehen wir viel im direkten Kontakt, eigentlich tagtäglich. Wir teilen die gleichen Werte und arbeiten auf vielen Ebenen erfolgreich zusammen. Sohm hat z. B. vor zwei, drei Jahren unsere Betriebserweiterung gebaut – natürlich ausschließlich mit Eigenholz.

 

Das gilt übrigens nicht nur für uns beide, Vorarlberg insgesamt liegt da auf einer Wellenlänge. Bei uns stimmen Wertschöpfung und Wertschätzung. Wir haben ein recht kleinteiliges Waldbewirtschaftungssystem mit widerstandsfähigen Mischwäldern, die uns entsprechend hochwertiges Holz liefern – ich besichtige als Einkäufer unseres Unternehmens übrigens jeden Stamm, den wir kaufen, tatsächlich direkt vor Ort. Da ist Vorarlberg tatsächlich einzigartig. Wir haben Waldbesitzer, die sich kümmern und das verstehen. Wir haben Sägewerke und Verarbeiter, die es können. Und wir haben Endkunden, die es schätzen.

Interview_Sohm_1.jpg
Wir legen großen Wert auf die heimische Wertschöpfung.
Andreas Kempf
Geschäftsführer, Sohm HolzBautechnik

Welches Holz eignet sich für welchen Einsatzzweck im Bau am besten?

Kempf: Starten wir wieder mit der Fichte. Das ist ein Nadelholz, das sehr einfach zu bearbeiten ist, ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis und ein entsprechend breites Einsatzgebiet hat – im Innenbereich, im Sicht- und tragenden Bereich sowie auch in der Fassade. Hier sprechen wir ausschließlich über den Einsatz im Bau.

 

Mit der Weißtanne kann ich sehr edle Oberflächen im Massivholzbau gestalten, sie aber auch für Beplankungen und Bodenbeläge im Innenbereich einsetzen. Für Fassaden ist sie weniger gut geeignet, auf Grund der beschränkten Lebensdauer. Das ist in unserer Region mit einem hohen Niederschlagsanteil von Nachteil. Wo es wiederum funktioniert, ist im Wasserbau, wenn die Tanne also durchgängig in der Feuchtigkeit verbaut ist. Für Fassaden und Terrassenbeläge eignet sich auf Grund der Harzhaltigkeit besonders gut die Lärche. Dafür ist die Lärche etwas härter und splittriger und somit aufwändiger zu verarbeiten. Und schließlich gibt es noch die Kiefer und die Douglasie, die aber beide hier zumindest noch nicht in ausreichender Menge vorhanden sind. Bei der Douglasie kann sich das mit dem Klimawandel aber ändern. Sie hat wenig Anspruch an ihr Wuchsgebiet, kommt auch in trockenen Böden und mit Überschwemmungen zurecht und wächst sehr schnell. Da ist die Erwartung, dass sie die Fichte ergänzen könnte. Momentan kennen wir sie aber zu wenig, die Bestände bei uns im Land sind nicht wesentlich und noch nicht erntereif.

Gibt es ein nicht-heimisches Holz – Stichwort Tropenholz –, das Sie gerne verwenden würden?

Beide: Nein. Auf keinen Fall!

 

Metzler: Hölzer wie Teak oder Mahagoni sind wunderschöne Holzarten. Die sehen toll aus, fühlen sich super an. Aber es ist nicht das richtige. Außerdem sind die Originalbestände bereits geplündert. Was wir da heute noch bekommen würden, sind alles Plantagenhölzer.

 

Kempf: Wir brauchen das Holz hier ja auch nicht wirklich. Unsere Forstwirtschaft ist nachhaltig: Jedes Jahr wachsen in Vorarlberg rund 530 000 Vorrats-Festmeter nach, davon werden aktuell gut 300 000 genutzt. Das Ländle ist zu gut einem Drittel bewaldet, im Österreichschnitt sind es ca. 47 Prozent. Die Hälfte der Wälder bei uns im Land sind Schutzwälder, schützen und erhalten also unsere Landschaft und Lebensräume. Wenn wir diese aus der Nutzung nehmen, dann ist diese Schutzfunktion in der Verfallsphase nicht mehr gegeben. Kurz: Wir haben das Baumaterial vor Ort und es wäre unklug oder sogar gefährlich, es nicht zu nutzen!

Die Gesprächspartner:

Andreas Kempf, Geschäftsführer Sohm HolzBautechnik GmbH, Alberschwende (links)

 

Geboren 1973, in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Bregenzerwald aufgewachsen. Dort bereits erste Erfahrungen mit Holz im familieneigenen Wald gesammelt. Später dann Ausbildung zum Tischler und Zimmermann, letzteres bei Sohm HolzBautechnik. Dort sämtliche Bereiche (Vorfertigung, Montage, Technisches Büro, Projektleitung) durchlaufen. Seit 2018 in der Geschäftsführung.

 

Laurent Metzler, Geschäftsführer Metzler-Holz KG, Bezau (rechts)

 

Jahrgang 1990, aufgewachsen in Dornbirn leitet mit seinem Bruder Lukas eines der führenden und größten starkholzverarbeitenden Unternehmen im deutschsprachigen Raum. In Kuchl an der HTL – einer klassischen Sägerschule – Sägetechnik und Betriebsmanagement gelernt und bereits 2016, mit knapp 26, den väterlichen Betrieb übernommen. Ist seitdem hauptsächlich für den Einkauf verantwortlich.

Preview-Neue Dimensionen-2024
Printausgabe bestellen