Nachhaltigkeit

Klimakrise, Green Deal und Teurungen - Herausforderungen für die Bauwirtschaft

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20. November 2022
Lesedauer: 5 Minuten

Im August 2022 trafen sich in den Wiener Geschäftsräumen der Rhomberg Bau Gruppe ausgewählte Stakeholder:innen mit Vertreter:innen der Rhomberg Bau Gruppe zum Erfahrungsaustausch. Aus unterschiedlichen Perspektiven wurden dabei die aktuellen Herausforderungen für die Baubranche allgemein thematisiert, vielversprechende Lösungen diskutiert – und Wünsche sowie Erwartungen an die Rhomberg Bau Gruppe direkt formuliert.

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Frage: Klimakrise, Green Deal, Teuerungen – die Bauwirtschaft ist aktuell gefordert wie selten zuvor. Wie kann sie diese Herausforderungen bewältigen?

Agnes Zauner: 

Wichtig ist für uns, dass es die politischen Rahmenbedingungen gibt. Spannend ist ja zu sehen, dass es sehr viele, sehr gute Lösungen schon längst gibt, um nachhaltig, ressourceneffizient und umweltfreundlich(er) zu bauen. Das Wissen und die Technologien sind da! Denken wir nur an das Plusenergiehaus. Die Frage ist: Warum gibt es das nicht flächendeckend? 

 

Heißt: Die Anreize müssen entsprechend gesetzt werden. Sinnvoll ist es etwa, den CO₂-Preis zu erhöhen. Außerdem sollten wir uns im Bau viel stärker auf Sanierung fokussieren. Wir brauchen eine 3-Prozent-Sanierungsrate in Österreich, um überhaupt noch eine Chance zu haben, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten. Förderungen sollten also darauf abzielen, dass sich Sanierungen lohnen. Und, in Richtung der Baubranche gesprochen: Lasst euch auf neue, innovative Konzepte ein. 

 

Michael Gehbauer: 

Wir sind beim Schaffen von leistbarem Wohnraum stark abhängig von den Förderungen seitens der Bundesländer. Und viele, wie z. B. Wien, setzen ja im Bereich der Neubauten durchaus bereits auf ökologische, nachhaltige Aspekte wie etwa die erneuerbaren Energien. Beispiel Käthe-Dorsch-Gasse in Wien: Hier werden wir im Dezember ein Objekt übergeben, bei dem wir Erdwärme-Tiefensonden mit Wärmepumpen, ein Abwasser-Wärme-Rückgewinnungssystem und sämtliche Solarnutzungsmöglichkeiten wie Sonnenkollektoren und Photovoltaik eingesetzt haben. Große Aufgaben haben wir aber noch mit der Nachrüstung des Bestandes vor uns. Und hier kann – und muss! – auch im Bereich der Förderungen noch viel getan werden. Das haben wir auch schon mehrfach deponiert. 

 

Jürgen Schneider: 

Wir vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sehen unsere Aufgabe ganz klar darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass klimafreundliches Agieren attraktiver und auf der Gegenseite klimaschädliches Verhalten sanktioniert bzw. sogar verboten wird. Klar ist aber auch, dass wir bei diesem großen Thema nicht den einen Knopf haben, mit dem wir alles regeln können. Vielmehr ist es ein Portfolio aus vielen Einzelmaßnahmen – finanziellen Rahmenbedingungen, Regulierungen, Anreizen, Bewusstseinsbildung etc. Ein Beispiel ist die Sanierungsoffensive. Im vergangenen und im heurigen Jahr haben wir allein dafür 750 Mio. Euro bereitgestellt. Die Preisentwicklung für Rohstoffe und Energie bremst das natürlich wieder etwas aus. Daher gilt: In puncto Effizienz müssen wir sehr viel besser werden. 

 

Und schließlich die EU-Taxonomie, also die europaweite Definition, was ökologisch nachhaltig ist. Das ist ein sehr wirksames Instrument. Vieles ist in der Umsetzung noch nicht ganz klar, etwa die Frage, wie genau diese Nachhaltigkeit mit Zahlen untermauert werden soll. Aber sie wird ihre Wirkung entfalten. Wenn nicht durch Vorgaben und Regulationen, dann durch den Markt. Für Unternehmen gilt: Schon heute so gut wie möglich interpretieren und vorne mit dabei sein. Das ist der richtige Zugang. „100 Prozent richtig“ zu erreichen, ist hier sehr schwierig. 

 

Markus Metzler: 

Eine der größten Herausforderungen ist die Tatsache, dass wir den CO2-Fußabdruck unserer Bautätigkeit aktuell noch nicht erheben können. Wir haben 2019 damit begonnen, die Emissionen des Betriebs unserer Liegenschaften zu messen. Beim Bau ist dies jedoch - und so geht es der gesamten Branche - leider noch nicht ausreichend möglich. Nichtsdestotrotz leisten wir natürlich unseren Beitrag und bauen und bewirtschaften so ressourcenschonend und energieeffizient wie möglich. Dabei haben wir uns mit dem nachhaltigen Mindeststandard für Bau und Betrieb, den 10 BIG-Points für Nachhaltigkeit und der PV-Initiative selbst hohe Standards gesetzt. Zusätzlich beweisen auch tolle Einzelprojekte, dass Energiesparen schon mit kleinen Maßnahmen und Bewusstseinsbildung gelingen kann. Bei einem Bürogebäude in der Wiener Radetzkystraße konnten wir durch kleinere Steuerungsmechanismen sowie einer umfangreichen Kampagne zum Nutzerverhalten 17 Prozent der Energie einsparen. 

 

Hubert Rhomberg: 

Diese Unsicherheit auf Konsumentenseite und in Bezug auf nachvollziehbare Energiebilanzen ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn Kund:innen nicht mehr erkennen können, was gut für sie und die Umwelt ist, dann greifen sie auf Lösungen zurück, die für sie nachvollziehbar noch am ehesten diesen Nutzen haben. Wir haben spezielle Produkte entwickelt, bei denen wir transparent gemacht haben, welche CO2- bzw. Energiebilanz sie tatsächlich haben. Wir arbeiten mit skalierbaren, industriell vorgefertigten Elementen aus Holz, für die jedes verbaute Material im Idealfall digital hinterlegt und so der ökologische Fußabdruck nachvollziehbar ist. Für Gewerbe ist das Cree, für Bürogebäude Zero, für den Wohnbau WoodRocks. So bieten wir den Konsument:innen etwas, das sie verstehen. Müssen wir Bauprojekte und Bauprozesse künftig völlig neu denken? Was wird von Bauunternehmen wie Rhomberg erwartet? 

 

Sigrid Stagl: 

Ohne eine Transformation des Gebäudesektors werden wir die Klimawende nicht schaffen. In diesem Zusammenhang sind Innovationen gut und wir werden sie brauchen. Deutlich zu kurz kommen mir aber die Exnovationen. Wir sprechen viel zu wenig davon, frühzeitig aus dem auszusteigen, was nicht mehr ökologisch verträglich ist. Dazu zählt z. B. die Tatsache, dass die Österreicher:innen ihr ganzes Leben in einem Gebäude zu Hause sind, unabhängig von der jeweils aktuellen Lebensphase oder dem Platzbedarf. Da helfen nutzerzentrierte, flexible Wohn- und Arbeitsangebote. 

 

Agnes Zauner: 

Die Wirtschaft wird sich in Zukunft verändern und vom Wachstumsparadigma wegkommen müssen. Das bedeutet auch, dass es einen Wechsel geben wird, weg von klimaschädlichen Branchen und Akteur:innen, hin zu klimafreundlichen. Ich glaube, das ist der Baubranche auch klar, die Firmen selbst sind da offen. Anders vielleicht als ihre Interessensvertretungen. Sie wollen ja, wie Rhomberg, weiterhin Menschen Arbeit geben können und auch in 20, 30 Jahren ihren gesellschaftlichen Beitrag leisten. 

 

Jürgen Schneider:

Firmen wie Rhomberg sollten so weitermachen wie bisher. Also innovativ bleiben und auch Dinge ausprobieren, die vielleicht nicht funktionieren werden. Wir unterstützen sie gerne dabei, sinnvolle Dinge auf den Weg zu bringen, die unser Land und unsere Gesellschaft voranbringen. 

 

Anita Malli: 

Die Aufgabe des ORF ist es, die Menschen darüber aufzuklären, was Klimawandel für die Gesellschaft bedeutet. Und auch, wie wir dagegen angehen können. Da kommt der Bauwirtschaft eine entscheidende Rolle zu. Deshalb mein Wunsch an Rhomberg: Als innovatives Unternehmen, das zukunftsweisend ist und weiß, wie es geht – bringt euer Wissen in die Öffentlichkeit. Das sind genau die Beispiele, die es braucht. 

 

Matthias Moosbrugger: 

Die vielen wertvollen Hinweise aus dieser Gesprächsrunde sind für uns einerseits wichtige Inputs zu Themen, mit denen wir uns zukünftig und weiterhin auseinandersetzen müssen. Das Thema „Exnovation“ etwa, das nehmen wir mit: Was müssen wir vielleicht sterben lassen, damit Neues entstehen kann? Andererseits bestätigen sie uns aber natürlich auch, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Unser Hebel wird sein, unser Wissen über den richtigen Weg zu teilen und möglichst vielen anderen zur Verfügung zu stellen. 

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