Umbauen & Sanieren

Serielles Sanieren

Bild 1 Montage Fassade MG RENOWATE.jpg
15. Juni 2023
Lesedauer: 6 Minuten

RENOWATE als Lösungsanbieter für effizienten Klimaschutz, Dekarbonisierung von Wohngebäuden und Entlastung der Mieter

Gastbeitrag von Andreas Miltz, Geschäftsführer RENOWATE GmbH

 

Um die ambitionierten Klimaschutzziele der Europäischen Union zu erreichen, benötigt die Wohnungswirtschaft serielle, digitalisierte Lösungen für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden. Daher hat die LEG als großes deutsches Wohnungsunternehmen Anfang 2022 zusammen mit dem österreichischen Bauunternehmen Rhomberg die RENOWATE GmbH gegründet.

 

Energetische Sanierungen sind im Sinne des Klimaschutzes unverzichtbar, gleichzeitig sind sie teuer – und die Kosten können vom Vermieter nur zum Teil auf die Mieter umgelegt werden. Dieser Sachverhalt führt zu einem in der Branche altbekannten Problem: dem sog. Vermieter-Mieter-Dilemma. Kurz gesagt besteht dieses in dem Umstand, dass der Mieter durch die resultierende Energieeinsparung in einem höheren Maße von der Sanierung profitiert als der Vermieter. Denn Letzterer muss die Investitionskosten refinanzieren und hat dafür keinen Zugriff auf die Energiekostenersparnis seines Mieters, sondern ist rein auf die gesetzlichen Mieterhöhungsspielräume angewiesen. Eine Investition erscheint daher allzu oft unattraktiv, insbesondere in Zeiten von Inflation und Zinswende.

 

Seit vielen Jahren machen sich Fachleute intensiv Gedanken darüber, wie sie – gerade auch angesichts der Klimakrise – den Spagat schaffen und das beschriebene Dilemma im Sinne aller Beteiligten erfolgreich auflösen können. Nicht zuletzt durch die fortschreitende Digitalisierung, neue Akteure am Markt und innovative technische Möglichkeiten hat dieser Gedanke immer mehr an Fahrt aufgenommen – eine Lösung schien plötzlich in greifbare Nähe gerückt. Das Zielbild zumindest war schon längst klar definiert: Weg von der aufwendigen und kostspieligen Individualbetrachtung, wo jede Modernisierung und jedes Gewerk individuell geplant und umgesetzt werden. Im Sinne der Effizienz musste alles in eine skalierbare Richtung weiterentwickelt werden: zu einem digitalen Baukasten mit automatisierten Prozessen, wo Gebäude letzten Endes viel schneller gewerkeübergreifend energetisch umfassend modernisiert und dekarbonisiert werden. Gleichzeitig sollten die Mieter von kurzen Bauzeiten, minimalen Einschränkungen und maximalen Einsparungen profitieren. So wünschten es sich auch die Verantwortlichen der LEG.

Im Dialog auf dem Weg zur energetischen Sanierung 2.0

Wie so oft konnte ein Quantensprung nur im konstruktiven Austausch gelingen. Im Falle der LEG folgte auf ein initiales Gespräch mit der dena und einer Beteiligung an ihrem „Volume Deal“ im Jahr 2019 die Suche nach geeigneten Anbietern im Markt, die das beschriebene Zielbild mit Leben füllen und das benötigte „Volumen“ an zu sanierenden Beständen umsetzen konnten. Eigens dafür startete die LEG ein sogenanntes Reallabor am Standort Mönchengladbach. Hier sollten in den kommenden Monaten und Jahren verschiedene technische und inhaltliche Ansätze, effizient energetisch zu sanieren, mit verschiedenen Generalunternehmen in der Praxis getestet werden. Zwar wurden die Piloten unter dem Namen „LEG-Zukunftshaus“ überwiegend erfolgreich abgeschlossen, doch eine Lösung, die auf Masse gehen und industriell skaliert werden könnte, wurde in diesem Rahmen noch nicht gefunden. 2021 begann die LEG daher damit, selbst nach einem Partner aus der Baubranche zu suchen, um in Eigenregie den gesuchten völlig neuen Planungs- und Bauansatz, eine komplette Sanierung aus einer Hand, zu entwickeln: vom Fördermittelmanagement bis hin zur Mieterkommunikation; von gewerkeübergreifender, auf energetische Effizienz und Förderfähigkeit ausgelegter Planung bis zur Ausführung; von der weitestgehenden industriellen Vorfertigung von Komponenten bis zu auf Schnelligkeit optimierten Prozessabläufen.

Bild 1 Montage Fassade MG RENOWATE
 
Bild 3 Fassade RENOWATE MG Installation am Gebäude
 

Gründung des Joint-Ventures RENOWATE als zukunftsweisend

Anfang 2022 mündete die Suche in der Gründung des Joint-Ventures RENOWATE, das es sich zum Ziel gesetzt hat, der Lösungsanbieter für effiziente energetische Erneuerung von Wohngebäuden für die gesamte Branche in der DACH-Region zu werden. Und tatsächlich konnte das Gemeinschaftsunternehmen auf seinem Weg zu einem ganzheitlichen und skalierbaren Prozess zur Dekarbonisierung von Bestandsimmobilien innerhalb weniger Monate erste Erfolge erzielen: Von den insgesamt 14 geplanten Pilotprojekten waren bereits zwei am Standort Mönchengladbach nach nur drei Monaten Kern-Bauzeit umgesetzt – und der erste externe Kunde bereits frühzeitig gewonnen. In 12 weiteren aufeinander aufbauenden Projekten will RENOWATE nun ab 2023 schrittweise noch besser und effizienter werden. Das funktioniert nur mit digitalen, seriellen Sanierungsprozessen im industriellen Maßstab, die Planungs- und Bauprozesse signifikant beschleunigen und Sanierungskosten reduzieren.

 

Um sich als Pilotprojekt zu qualifizieren, waren insbesondere folgende Faktoren ausschlaggebend: Schlechte Energieeffizienzklasse, sehr homogen strukturierte Gebäudekörper, keine komplexen Balkone und zudem eine möglichst große Außenfläche, damit während der Bauphase große Arbeitsgeräte, wie Schwerlaster, Kräne etc., dort gut rangieren und agieren können. Alle diese Voraussetzungen waren bei den Premieren-Gebäuden mit insgesamt 47 Wohnungen in Mönchengladbach-Lürrip gegeben. 

Der RENOWATE-Ansatz: Lösungsanbieter für CO2-Reduktion in der Wohnungswirtschaft

Schaufel oder Bagger sind für die RENOWATE-Lösung im ersten Schritt nicht erforderlich. Stattdessen erfasst ein 3D-Scanner oder eine Drohne des jeweils beauftragten externen Dienstleisters alle relevanten Eckdaten des Gebäuderiegels. In einer Simulation wird dargestellt, wie aus einer sogenannten Punktewolke die notwendigen Messwerte entstehen, die für eine digital gesteuerte, serielle Produktion der Fassadenbauteile benötigt werden. Mithilfe dieser Laserscanning-Technologie wird ein digitaler Zwilling der betreffenden Bestandsgebäuden erstellt, sodass die neue Gebäudehülle ortsunabhängig und industriell vorgefertigt werden kann. Die neuen Holz-Fassaden stammen im Fall der Gebäude in Mönchengladbach aus Estland. Die Bauzeit beträgt nur einen Bruchteil gegenüber einer konventionellen Sanierung. So können die Mieterinnen und Mieter ihr eigenes Zuhause während der Bauphase weiternutzen. Auch Baustellenlärm und -staub werden auf ein Mindestmaß reduziert und die Bewohner profitieren am Ende von deutlich geringeren Energieverbräuchen.

 

Bereits Mitte Dezember 2022 konnten, wie bereits erwähnt, die ersten beiden Projekte nach nur drei Monaten Kern-Bauzeit weitestgehend erfolgreich abgeschlossen werden. Auf dem Weg dahin hatte das RENOWATE-Team insgesamt 180 vorgefertigte Fassaden-Elemente verbaut, in die neue Fenster, Rollläden und Lüftungsanlagen bereits integriert sind. Alle Gasetagen-Thermen und Nachtspeicher-Öfen wurden ausgetauscht und auf neueste Wärmepumpen-Technologie umgestellt – der Energiebedarf konnte so um etwa 95 % reduziert und die Gebäude auf den KfW 55-Standard gehoben werden. Dabei werden generell immer nur dann Heizkörper ausgetauscht, wenn diese nicht für den Betrieb mit Wärmepumpentechnologie geeignet sind, ansonsten werden alte, funktionstüchtige Geräte im Sinne der Nachhaltigkeit weiterverwendet. Zudem gibt es Vorrichtungen für die Installation von Photovoltaik-Anlagen, die bei Umsetzung den Net-Zero-Standard ermöglichen.

Bild 3 Fassade RENOWATE MG Installation am Gebäude
 
IMG_3620
 

Lessons learned und nächste Projekte

In zwölf weiteren Projekten an den Standorten Mönchengladbach und Soest wird das Verfahren nun weiter optimiert und skalierbarer gemacht, denn die Skalierbarkeit ist schließlich eines der Hauptziele. Damit einher gehen die Sanierung von mehr als 180 Wohneinheiten im LEG-Bestand – 133 davon in Mönchengladbach und 60 in Soest –, eine weitere Effizienzsteigerung durch Zeiteinsparung und eine weitere Kostenreduktion von rund 20 bis 30% im Jahr 2023 sowie der weitere Aufbau des Unternehmens auf etwa 30 Mitarbeiter. Zudem wurde und wird die Mieterkommunikation weiter professionalisiert, da sie ein echter Effizienzfaktor sein kann. Das war eine wesentliche Erkenntnis der Pilotprojekte. Zu diesem Zweck wurde ein eigenes IT-Portal aufgebaut, dass eine direkte, umfassende und transparente Information der Mieter sowie den zielgerichteten Austausch inklusive Terminvereinbarung mit Mietern, beispielsweise für nötige Arbeiten in der Wohnung, ermöglicht. Auch Probebohrungen an und in den Gebäuden nehmen wir nun im Planungsprozess standardmäßig vor, um etwaige Planungshindernisse im Vorfeld auszuräumen. Denn, wo auf Bauplänen Steine markiert sind, kann sich durchaus auch eine Zeitung finden – und Überraschungen wie diese möchten wir gerne in Zukunft vermeiden. Umso mehr freuen wir uns darüber, wenn unsere Pläne aufgehen – und dafür arbeiten wir mit unserem Team jeden Tag und geben alles.

Kundenmagazin-2023-kostenlos-bestellen
Printausgabe bestellen