Projektentwicklung

Architek-Tor nach Vorarlberg

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6. Juli 2018
Lesedauer: 3 Minuten

Seit Juni ist die Raststation Bodensee Hörbranz in Betrieb

In 18 Monaten Bauzeit entstand ein nachhaltiges Vorzeigeprojekt für schonende Ressourcennutzung im Stil der Vorarlberger Architekturtradition. Ins Auge fällt vor allem das in Holz ausgeführte Gebäude, über das sich ein von pilzförmigen Stützen getragenes, schwebendes Dach erstreckt. Die Anlage auf dem Areal der ehemaligen Zollstation zwischen Österreich und Deutschland umfasst 250 Sitzplätze im Restaurant und im Take-away-Bereich samt Terrasse, Shop, Tankstelle sowie Stellplätze für Pkw und Lkw. Zusätzlich stehen ausreiseseitig für Lkw Tank-Zapfsäulen bereit. Ein Schwerpunkt der Planung lag auf den Schallschutzmaßnahmen zum Schutz der angrenzenden Wohngebiete. Dazu wurden zusätzliche und höhere Lärmschutzwände errichtet, die durch Grünstreifen mit Bäumen und Sträuchern rund um das Areal ergänzt wurden. Insgesamt investierte die Projektgesellschaft, der neben Rhomberg Bau auch die Schweizer „Gruppe Thurau“ als Restaurant- und Shopbetreiber und die traditionsreiche Mineralöl-Handelsgesellschaft Schindele aus dem deutschen Ravensburg angehören, in den Bau rund 17 Millionen Euro, die hauptsächlich an regionale Unternehmen flossen. Darüber hinaus sind rund 80 langfristige Arbeitsplätze entstanden.

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„Mit dieser Raststation haben wir ein ansprechendes Tor nach Vorarlberg geschaffen, eine architektonische Einladung für unsere Gäste und unsere Bewohner.“
Joachim Nägele
Geschäftsführer, Rhomberg Bau Deutschland

40 000 m2 Fläche, rund 17 Millionen Euro Investitionsvolumen, keine zwei Jahre von der Bewilligung bis zur Fertigstellung: Der Bau der Raststation „Bodensee Hörbranz“ war für Rhomberg Bau ein echtes Großprojekt. Und eine große Herausforderung, die die Rhomberg-interne Arbeitsgemeinschaft (ARGE) aus Generalunternehmer- (GU), Hoch- und Tiefbauprofis durch gute Zusammenarbeit und eine perfekte Abstimmung erfolgreich stemmen konnte. Im Gespräch mit den „Neuen Dimensionen“ äußern sich ARGE-Geschäftsführer Dietmar Oprießnig, GU-Projektleiter Thomas Horn, Tiefbau-Teamleiter Roland Marte und Hochbau-Bauleiter Klaus Chlopik über die Bedeutung eines funktionierenden Netzwerkes für ein solches Projekt.

„Ein gutes Beispiel, wie interne Zusammenarbeit einen positiven Projektabschluss erzielen kann.“

Eine solche Baustelle ist auch für euch nicht alltäglich. Was war die größte Herausforderung?

Oprießnig 
Die größte Herausforderung war sicher die, dass wir schon gebaut haben, obwohl die Detailplanungen noch liefen. Die Entscheidung für den Bau kam erst Mitte 2016, danach sollten wir mehr oder weniger direkt loslegen. Alles musste rasch entschieden werden und schnell weitergehen. Zudem mussten wird – quasi nebenher – die ganze Verkehrsführung und den Vignettenverkauf auf unserer Baustelle abwickeln. Im Schnitt waren das 3 000 Fahrzeuge pro Tag, zu Spitzenzeiten sogar bis zu 40 000 an einem Wochenende. 

 

Chlopik 
Was noch dazu kam: Wir hatten mit der Raststation Hörbranz GmbH einen anspruchsvollen Bauherren, der uns mit seinen Wünschen zu Bestleistungen motiviert hat – denken wir an das architektonische Highlight des Betondaches, das von den pilzförmigen Säulen getragen wird, oder an die Holzfassade. Daneben haben wir hier eine der größten Tankstellen Europas errichtet. Das Ergebnis spricht für sich: Diese Raststation ist einzigartig, so eine gibt es auf keinem anderen Autobahnabschnitt. 

 

Marte 
Die Organisation und die Abstimmung in der Planung und auf der Baustelle selbst waren ebenfalls eine Herausforderung. Allein beim Tiefbau arbeiteten wir mit sieben externen Planern zusammen. Zudem hatten wir rund 12 bis 15 Subunternehmer. Zu Spitzenzeiten waren allein für den Tiefbau 50 Mitarbeitende auf dem Areal tätig. 

 

Horn 
Hinzu kamen Architekt, Statiker und bis zu sechs weitere Fachplaner für GU und Hochbau. Das muss alles koordiniert und organisiert werden. Innerhalb von eineinhalb Jahren ein solches Projekt zu stemmen, das ist alles andere als alltäglich.

Wie habt ihr diese Herausforderungen gemeistert?

Marte 
Wir waren als Tiefbau für den Abbruch als Erste vor Ort. Um möglichst schnell schlagkräftig zu werden, haben wir mit digitalen Geländemodellen gearbeitet, sogenannten DGMs. Das heißt, wir haben über die gesamte Baustelle ein dreidimensionales Netz gelegt. Das war zwar arbeitsintensiv, aber so hatten wir eine perfekte Grundlage, auf der jeder arbeiten konnte – eine Grundlage, die sich bis zum Schluss auch nicht mehr verändert hat. Gewerke und Planer entnahmen ihre Informationen aus diesem Modell und bekamen die Einbauten auf den Zentimeter genau angezeigt. Nur so konnten wir die komplexe Planung bewerkstelligen und in dieser Geschwindigkeit bauen. Ein weiterer Vorteil: Dank dieser Daten konnten wir auf der Baustelle Synergien nutzen und Kosten einsparen. Ein Beispiel: Auf Grundlage der Pläne stellten wir fest, wo wie viel Aushubmaterial vorhanden ist und wo dieses im Gelände aufgeschüttet werden muss. Mit diesem Modell konnten solche Informationen vereinfacht gegengerechnet werden. Ergebnis: Anstatt 16 000 m3 Material auf eine Deponie zu fahren, haben wir lediglich 1 000 m3 Aushub entsorgt, der Rest wurde direkt wiederaufbereitet, verbaut und hat uns Zeit, Lkw Fahrten und Kosten gespart.

 

Oprießnig 
Ich muss klar sagen: Dieses Projekt wäre ohne die gute interne Zusammenarbeit nicht möglich gewesen. Wenn sich auch nur ein Detail im Tiefbau änderte, änderte sich auch im Hochbau und beim GU etwas. Es hingen etliche Gewerke daran. Selbst die kleinste Änderung hatte also massive Auswirkungen. Wichtig ist immer, dass die handelnden Personen gut zusammenarbeiten, und das hat hier ganz hervorragend funktioniert. 

 

Horn 
Die Schnittstellen müssen stimmen, das kann ich nur bestätigen. Und wir hatten sehr viele davon – die in unserem Fall noch dazu erst während der laufenden Bautätigkeit geklärt wurden. Mit externen Partnern hätte es vermutlich Stillstand und eine Kostenexplosion gegeben. So konnten wir aber am Ende immer alle Planungen zusammenführen, die Schnittstellen prüfen und auf kurzem Weg alles anpassen. 

 

Chlopik 
Die große Herausforderung im Hochbau waren sicher die Säulen. Wir haben hier lange überlegt und experimentiert, welche Schalung die richtige ist. Im Endeffekt entschieden wir uns für eine speziell zu diesem Zweck angefertigte Stahlschalung und ließen zwei davon herstellen. Das war zwar die kostspieligste Lösung, aber auch die beste. 

 

Oprießnig 
Das Ergebnis ist in der Vorarlberger Bauwelt ein großes Gesprächsthema, es ist eine großartige Referenz für Rhomberg Bau.

 

Das heißt, Klaus, für dich ist die Fertigstellung der ersten Säule wahrscheinlich ein persönliches Erfolgserlebnis, dein Highlight? Wie war es bei den anderen?

Chlopik 
Das stimmt absolut. Mein Highlight war, als die ersten zwei Säulen ausgeschalt wurden. Wenn ich jetzt hier vorbeifahre und mir vor Augen führe, dass ich das mitentwickelt und -errichtet habe – das ist großartig. 

 

Oprießnig 
Mein persönliches Highlight war die konstruktive Zusammenarbeit mit der Bezirkshauptmannschaft (BH) Bregenz. Wir hatten viele Auflagen und mussten auch kleinere Änderungen vornehmen, z. B. bei den Werbeflächen oder der Beschilderung. Die Reaktion der BH hat mir aber gezeigt, dass wir in diesem schwierigen Umfeld sehr gute Arbeit geleistet haben. 

 

Marte 
Ganz einfach: Ein solches Projekt, mit so vielen Details, mit so vielen Akteuren – Planern, Statikern, Subunternehmern … – in so kurzer Zeit gemeinsam gestemmt zu haben. 

 

Horn 
Dem kann ich mich nur anschließen. Das geschafft zu haben, darauf können wir zu Recht stolz sein.

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