Ein Gespräch mit den Geschäftsführern der Rhomberg Bau Gruppe über Megatrends, Verantwortung und visionäres Gestalten
Die Welt verändert sich rasant – gesellschaftlich, technologisch, ökologisch. Was bedeutet das für das Bauen? Und wie kann ein Bauunternehmen heute schon Antworten auf die Herausforderungen von morgen liefern? Darüber haben wir uns mit den drei Geschäftsführern der Rhomberg Bau Gruppe, Tobias Vonach, Manuel Eugster und Matthias Moosbrugger, unterhalten. Im Gespräch zeigen sie, was es heißt, „Lebensräume“ nicht nur zu bauen, sondern ganzheitlich zu denken – zwischen Ökologie, Digitalisierung, sozialem Wandel und Unternehmertum.
Herr Moosbrugger, Herr Vonach, Herr Eugster – die Welt steht im Zeichen großer Umbrüche: demografischer Wandel, technologischer Fortschritt, Klimakrise... Was bedeuten diese Megatrends für die Bau- und Immobilienbranche?
Matthias Moosbrugger:
Es sind viele Themen, die gleichzeitig wirken: Zu den genannten kommen ja noch weitere wie Individualisierung, Veränderungen in der Arbeitswelt, Mobilitätswandel, Globalisierung undundund. Daraus ergeben sich völlig neue Anforderungen an Wohn-, Arbeits- und letztendlich Lebensräume. Gleichzeitig stehen wir vor einem enormen Flächendruck. Es gibt, vor allem in den Städten – Stichwort Urbanisierung – immer weniger Platz zum Bauen. Also müssen wir verdichten – und dabei trotzdem Begegnung und Lebensqualität ermöglichen.
Und dann ist da das Thema Digitalisierung: Wir müssen Bauprojekte viel stärker als Prozesse denken – vom ersten Kundenkontakt über die Planung und Ausführung bis hin zum Betrieb und zur Nachnutzung. Das sind keine linearen Abläufe mehr, sondern eng verzahnte Kreisläufe.
Manuel Eugster:
Ich sehe da vor allem die Verantwortung, tatsächlich „Lebensräume“ zu gestalten – nicht einfach Gebäude. Städte wie Paris zeigen mit ihren Begrünungsstrategien, wie wir Klimaresilienz, Natur und Zusammenleben neu verknüpfen müssen. Die Digitalisierung ist dabei ein Mittel zum Zweck. Die eigentliche Aufgabe ist, Räume zu schaffen, in denen Menschen sich begegnen und wohlfühlen – generationenübergreifend, nachhaltig, sinnstiftend.
Tobias Vonach:
Und die Auswirkungen zeigen sich nicht nur bei unseren Kund:innen – sondern auch bei uns als Arbeitgeber. Der demografische Wandel betrifft auch unsere Baustellen: immer mehr ältere Fachkräfte, immer weniger junge Leute. Das zwingt uns, über Materialien, Bauweisen und Prozesse neu nachzudenken – z. B. durch mehr Vorfertigung und standardisierte Elemente.
Für mich ist das ein Schlüsselthema: Wie gestalten wir Arbeit auf der Baustelle so, dass wir auch in Zukunft Fachkräfte dafür begeistern – oder neue Wege finden, mit weniger Personal auszukommen?
Gibt es bei Rhomberg bereits konkrete Projekte oder Lösungen, die diese Zukunftsthemen aufgreifen?
Manuel Eugster:
Ein Vorzeigeprojekt ist sicherlich die Anna-Heer-Straße in Zürich, Schweiz. Im Quartier dort vereinen wir Regenwassermanagement, Energieautarkie über PV und Wasserstoff, intelligente Steuerung und landschaftliche Integration in einem ganzheitlichen Konzept.
Das ist für mich echte Lebensraumgestaltung: Technik ist da, aber sie tritt zurück. Menschen und Natur stehen im Mittelpunkt. Solche Projekte zeigen, was heute schon möglich ist, wenn man mutig denkt.
Matthias Moosbrugger:
Wir arbeiten bereits heute mit Systemlösungen, die verschiedene Anforderungen vereinen. Ein Beispiel sind unsere Holzbausysteme, mit denen wir unter anderem flexiblen und ressourcenschonenden Wohnraum schaffen – inklusive Rückbau- und Umnutzungsmöglichkeiten.
Auch die Idee des temporären Wohnens haben wir früh aufgegriffen: Mit Projekten wie dem „DAVID“ bieten wir Angebote für Menschen, die nur begrenzte Zeit an einem Ort leben, aber dennoch Qualität und Identität suchen.
Tobias Vonach:
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Optimierung für unsere gewerblichen Mitarbeitenden. Wenn wir mit seriell gefertigten Lösungen arbeiten, brauchen wir keine voll ausgebildeten Facharbeiter auf der Baustelle. Das macht uns resilienter gegenüber dem Fachkräftemangel und eröffnet neue Chancen für Arbeitsmarktintegration.
Und natürlich spielt auch das Thema Energie eine große Rolle: Lastmanagement, Eigenverbrauchsoptimierung, Sektorenkopplung – wir denken Gebäude längst nicht mehr nur als Hülle, sondern als aktive Systemeinheiten.
Stichwort „integrale Planung“ – wie verändert sich durch neue Arbeitsweisen und Tools wie BIM die Art und Weise, wie Sie Projekte angehen?
Tobias Vonach:
Gerade bei der Gebäudetechnik sehen wir, wie wichtig es ist, früh gemeinsam zu planen. Wenn alle Disziplinen am Tisch sitzen, vermeiden wir Schnittstellenverluste – und schaffen funktionierende, wirtschaftliche Lösungen.
Auch unser Ansatz als „Gesamtleister“ spielt da hinein. Wir wollen Gebäude aus einer Hand realisieren – mit klarer Verantwortung und einem durchgängigen Verständnis von Qualität.
Manuel Eugster:
Das verändert auch den Umgang mit dem Kunden. Statt nur ein Haus zu bauen, begleiten wir ihn bei der Entwicklung seines Lebensraums.
Das ist für mich ein Paradigmenwechsel: Nicht mehr „Planung – Ausschreibung – Ausführung“, sondern eine gemeinschaftlich getragene Reise zur besten Lösung.
Matthias Moosbrugger:
Integrale Planung hat auch für mich weniger mit Technik als mit Haltung zu tun. Es geht darum, echte Kollaboration zu ermöglichen – von Anfang an, interdisziplinär, auf Augenhöhe.
Das beschleunigt Prozesse und verbessert die Qualität. Aber noch wichtiger: Es sorgt dafür, dass am Ende wirklich ganzheitliche Lösungen entstehen. Denn der beste Lebensraum entsteht nicht im Silo.
Holz-Systembau ist bei Rhomberg Bau ein zentrales, strategisches Thema. Wie steht es um das Material Holz – ist das die Zukunft?
Tobias Vonach:
Für uns ist Holz ein zukunftsfähiger Baustoff, weil er zwei entscheidende Vorteile hat: Er ist leicht und eignet sich hervorragend für Vorfertigung – und er ist nachhaltig.
Trotzdem setzen wir nicht auf Holz um jeden Preis. Vielmehr geht es uns darum, jedes Baumaterial so zu verwenden, dass es seine Vorteile am besten ausspielen kann. Es würde keinen Sinn ergeben, eine Tiefgarage als Holz zu errichten…
Matthias Moosbrugger:
Die Diskussion über „das eine richtige Material“ greift sowieso zu kurz. Für mich geht es darum, was das Material ermöglicht – gestalterisch, funktional, ökologisch. Holz erlaubt es uns, ressourcenschonend und menschenfreundlich zu bauen.
Es ist kein Zufall, dass viele Menschen Holz als „wohnlicher“ empfinden. Das spüren wir in den vielen, vielen Holz-Hybrid-Gebäuden, die wir mittlerweile realisieren durften – vom LCT One, dem weltweit ersten achtstöckigen Bauwerk dieser Art, bis hin zu Wohnanlagen für gemeinnützige Wohnbauträger oder Bürohäusern wie dem „Bärahus“. Da ist nicht nur Architektur, da ist Atmosphäre.
Manuel Eugster:
Und wirtschaftlich ist es ebenfalls schlüssig: Der Markt verlangt zunehmend nach CO₂-reduzierten Lösungen – ESG-Kriterien, Klimabilanzen, Rückbaubarkeit. In dieser Hinsicht ist Holz ganz vorne mit dabei.
Wir haben als Unternehmensgruppe den Vorteil, im Systembau sowohl mit Holz als auch mit Beton tiefes Know-how zu haben – und können so ganz bewusst entscheiden, welcher Weg der beste ist.
Ein großes Thema ist auch die Nachverdichtung urbaner Räume. Wie kann man bei zunehmender Dichte trotzdem Lebensqualität schaffen?
Tobias Vonach:
Indem man höher baut – aber klug. Ich bin überzeugt, dass man mit fünf Geschossen mehr Grünraum erhält als mit dreien.
Leider sind viele politische Vorgaben auf niedrigere Bauhöhen fixiert. Und was einmal in Wohnungseigentum gebaut wurde, lässt sich kaum mehr auflösen. Das erschwert langfristige Stadtentwicklung enorm.
Matthias Moosbrugger:
Es braucht mutige politische Entscheidungen und Quartiere mit echtem Nutzungsmix. Die Hoffnungshäuser, die wir mit unserer Holz-Systembaulösung für den mehrgeschossigen Wohnbau unterstützen, zeigen, wie Integration und soziale Vielfalt auch in verdichteten Arealen funktionieren können.
Die Frage ist nicht nur: Wie viele Menschen bringe ich unter? Sondern: Wie leben sie dort zusammen?
Manuel Eugster:
Ein spannendes Beispiel testen wir aktuell in Wien, wo wir gemeinsam mit Investoren bestehende Parkplätze mit „aufgeständerten Wohngebäuden“ überbauen möchten – das schafft neuen Wohnraum auf versiegelten Flächen, ohne zusätzlich zu verbauen.
Das ist für mich gelungene Nachverdichtung: Lebensqualität erhöhen, ohne Natur zu opfern, sondern sie, im Gegenteil, durch Begrünung sogar noch zusätzlich zu gewinnen.
Einer der Megatrends ist „Wissenskultur“, also die Entwicklung beim Erwerb und der Organisation von Erkenntnissen. Wie schaut es da bei Rhomberg Bau aus?
Manuel Eugster:
Hier helfen uns wieder die Digitalisierung und konkret KI-Anwendungen: Heute können wir damit systematisch die Ergebnisse unserer „Versuche“ erfassen und auswerten – durch Sensorik, Datenauswertung, digitale Zwillinge. Wir messen z. B. Luftqualität, Energieverbrauch, Nutzerverhalten und können so eruieren, welche Energieversorgung wie gut funktioniert. Und wie sie vielleicht besser funktioniert.
So entsteht ein Kreislauf: planen – bauen – betreiben – lernen – besser planen. Das ist kein fertiger Prozess, sondern eine permanente Weiterentwicklung.
Matthias Moosbrugger:
Wir haben nie den Anspruch, sofort alles perfekt zu machen – sondern die Haltung, ständig besser zu werden. Das ist Teil unserer DNA. Dazu setzen wir auf „learning by doing“: Ob aus Fehlern oder Erfolgen – jedes Projekt bringt neue Erkenntnisse, die wir in die nächsten einfließen lassen.
Und wir setzen auf Partnerschaften, teilen unser Wissen und profitieren vom Wissen anderer. Nur so erzielen wir wirklich Fortschritte, denn keiner alleine weiß so viel wie alle zusammen!
Tobias Vonach:
Wir haben interne Formate wie „Aus Fehlern lernen“ oder den „Demo Day“, bei denen wir offen über Herausforderungen sprechen – und voneinander lernen.
Auch Mut gehört dazu: Etwas auszuprobieren, das vielleicht nicht funktioniert – wie ein Einkaufsservice oder Carsharing im Quartier. Aber wer nichts wagt, der bewegt auch nichts.
Zum Schluss ganz visionär: Wie sieht für Sie die ideale Stadt oder das ideale Gebäude der Zukunft aus?
Manuel Eugster:
Ich habe mal in einer Gartenstadt in Finnland gelebt – da war der Verkehr unterirdisch, oben Natur und Begegnung. So stelle ich mir eine Stadt der Zukunft vor: grün, ruhig, technologiegestützt, aber vor allem: menschenzentriert.
Matthias Moosbrugger:
Das Entscheidende ist für mich: Begegnung ermöglichen. Der Mensch ist ein Beziehungswesen. Wir brauchen Orte, die uns zusammenbringen – ob jung oder alt, arm oder reich. Nur so entsteht echte Lebensqualität.
Tobias Vonach:
Ich glaube nicht an das „eine perfekte Gebäude“. Menschen leben in Phasen – mal allein, mal mit Familie, mal wieder reduziert. Wichtig ist, dass Gebäude wandelbar sind und Quartiere diese Vielfalt ermöglichen. Dann wird die Stadt oder die Gemeinde zu einem Ort, der mit dem Leben mitwächst.