Energieeffizientes Bauen: Auf diese Dinge kommt es heute an
Die Baubranche gehört zu den Sektoren, die weltweit massiv zur Umweltverschmutzung beitragen sowie unzählige Ressourcen verbrauchen – so viel ist klar. Allerdings geht der Trend schon seit einiger Zeit in Richtung nachhaltige Baupraktiken sowie energieeffiziente Immobilien – das soll den ökologischen Fußabdruck im Bereich Bau reduzieren. In diesem Artikel gehen wir darauf ein, welche Faktoren die wichtigsten sind, wenn es um energieeffizientes Bauen geht.
Ein kurzer Blick auf den Ressourcenverbrauch der Baubranche
Laut Umweltbundesamt verbraucht die Baubranche über 70 Prozent der in Deutschland abgebauten Rohstoffe wie Holz und Gestein. Diese Zahl zeugt nicht nur vom allgemeinen Ressourcenhunger der Bauindustrie, sondern untermauert zudem, welch riesige Mengen an Ressourcen nicht nur abgebaut, sondern auch verarbeitet und transportiert werden müssen.
Wichtig: Auch die Entsorgung muss mitgedacht bzw. geplant werden: In Österreich ist der Bausektor laut dem österreichischen Umweltbundesamt für zwei Drittel des Abfallaufkommens im Land verantwortlich.
Dementsprechend essenziell ist die Recyclingfähigkeit von verschiedenen verwendeten Ressourcen. Gebäude sollen nach Ende ihrer Lebensdauer kreislauffähig sein – das heißt, sie werden in Grundbausteine zerlegt und ihre Materialien wiederverwendet.
Diese unverzichtbaren Schritte – Verarbeitung, Transport und Entsorgung – tragen ebenfalls maßgeblich zum Energieverbrauch der gesamten Branche bei. Ein starker Fokus auf Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft verspricht, diese Prozesse zu optimieren und sie hinsichtlich ihres Energieverbrauches zu reduzieren.
Energieeffizientes Bauen: Was gehört dazu?
Energieeffizientes Bauen sollte immer ganzheitlich angegangen werden. Die Verarbeitung von Rohstoffen zu Baumaterial und den Transport zu optimieren ist zwar ein wichtiger Schritt, es müssen jedoch auch die Bauphasen mitgedacht werden.
Demnach schließt das energieeffiziente Bauen folgende Prozesse und Phasen mit ein:
● den Abbau von Rohstoffen,
● die Verarbeitung zu Baumaterial,
● den Transport zu Lagern, Baustellen etc.,
● die Planung von Bauwerken,
● den Bau von Immobilien,
● den Betrieb von Gebäuden und
● den Umbau sowie Rückbau/Entsorgung.
Jede Phase kann im Kontext von Energieeffizienz betrachtet und optimiert werden. Bei allen Prozessen sollen Energieverbrauch, Umweltbelastung und Kosten minimiert werden, während gleichzeitig Komfort und Gesundheit der Baubeteiligten sowie der Nutzer:innen von Gebäuden verbessert werden.
Das macht das energieeffiziente Bauen und auch das energetische Sanieren zum absolut zentralen Bestandteil nachhaltiger Architektur und zukunftssicherer Stadtplanung.
Energieeffizientes Bauen: gesetzliche Rahmenbedingungen
Es gibt zwei wichtige Regelwerke, die Umweltschutz, energieeffizientes und nachhaltiges Bauen sowie Baupraktiken und Unternehmensführung gesetzlich näher definieren:
- das Energieeffizienzgesetz
- die ESG-Kriterien
Energieeffizienzgesetz
Das Energieeffizienzgesetz setzt Maßstäbe für den Energieverbrauch und die Energieeffizienz von Gebäuden und anderen Bauprojekten. Es verpflichtet Unternehmen und Behörden zum Energiesparen.
Auch schreibt das Gesetz vor, wie viel Energie ein Gebäude maximal verbrauchen darf und fördert den Einsatz von erneuerbaren Energien und energieeffizienten Technologien. Die Ziele sind, den Gesamtenergieverbrauch zu reduzieren, Treibhausgasemissionen zu senken und so zum Umweltschutz beizutragen.
ESG-Kriterien: Environmental, Social, Governance
Nachhaltigkeit, verantwortungsvolles Handeln und ein Fokus auf den Menschen beim Bau werden auch durch die ESG-Kriterien geregelt:
- (E) Environmental: Reduzierung der Umweltauswirkungen von Bautätigkeiten und Gebäuden wie Einschränkung der Emissionen, Verwendung recyclebarer Materialien etc.;
- (S) Social: Fokus auf Arbeitsbedingungen in der Baubranche, Sicherheit am Arbeitsplatz, Lebensqualität der Menschen im Zentrum;
- (G) Governance: Unternehmensführung in der Baubranche inkl. Ethik, Transparenz, Korruptionsbekämpfung;
Im Folgenden gehen wir dezidiert auf den Bau ein und betrachten Maßnahmen der Energieeffizienz bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Gebäuden etwas genauer.
Energieeffizientes Bauen: Planung, Bau, Betrieb
Faktoren bzw. Maßnahmen, die die Energieeffizienz beim Bauen in allen Phasen maßgeblich verbessern können und dabei helfen, die gesamte Baubranche zukunftssicher auszurichten, gibt es einige. Die folgenden vier Aspekte sind besonders vielversprechend:
1) Bauplanung & Baumanagement
2) Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI)
3) Verwendete Baustoffe
4) Flotte an Baumaschinen
1) Bauplanung & Baumanagement
Im Jahr 2023 haben Stift und Papier ausgedient. Die Planung, Durchführung sowie der Betrieb eines Bauwerks werden mittlerweile über intelligente Bauplanungs- und -managementsoftware dokumentiert und gemanagt.
Diverse Programme ermöglichen eine detaillierte und präzise Planung, was zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen und einer Reduzierung von Abfall führt. Sie dienen zudem als digitales Bautagebuch für saubere, zuverlässige, rechtskonforme und stets abrufbare Baustellendokumentation.
Softwaresysteme können auch dabei helfen, den Energiebedarf und die thermische Leistung von Gebäuden zu simulieren und Modelle noch vor Baubeginn zu optimieren. Durch die digitalen Tools ergeben sich viele Vorteile:
- Vermeidung von Leerläufen und Wartezeiten
- einzelner, zentraler Kommunikationskanal
- keine Überschneidungen bei Personal, Maschinen etc.
- keine Medienbrüche (zentrale Datenbank für Text, Bild usw.)
- keine Datenverluste (durch verlorene Notizen etc.)
2) Einsatz von KI
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist ein weiterer innovativer Aspekt im energieeffizienten Bauen. Egal, ob Planung, Durchführung oder Betrieb – Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, viele Bereiche zu verbessern und (energie)effizienter zu gestalten. Zu den Prozessen, die von KI profitieren können, gehören unter anderem:
(Zeit)Management
KI kann etwa beim Management von Baumaschinen eingesetzt werden, um Leerlaufzeiten zu minimieren, den Treibstoffverbrauch zu optimieren und Nutzungsphasen besser zu organisieren.
Planungssicherheit
Den Fachkräften am Bau erleichtert die KI die Planungssicherheit, da es dadurch jederzeit möglich ist, Simulationen von Gebäuden oder Teilen davon zu erstellen und Szenarien durchzuspielen.
Datenanalyse
KI-Systeme können große Mengen an Daten schnell und effizient analysieren und kontextualisieren. Die Baustellendokumentation, die durch die im Vorigen erwähnte Software bereits viel effizienter und auch rechtssicherer funktioniert, wird durch künstliche Intelligenz noch weiter verbessert.
Vorhersage und Optimierung
KI kann zur Vorhersage von Energieverbrauch und zur Optimierung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimasystemen verwendet werden. Dadurch können Bauprofis energieeffizientere Gebäude entwerfen und betreiben, was zu Kosteneinsparungen und einer Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks führt.
Automatisierung
KI kann Routineaufgaben automatisieren, wie z. B. die Dateneingabe oder die Überwachung von Systemen. Dies spart Zeit und reduziert menschliche Fehler, wodurch Fachkräfte sich auf komplexere und kreativere Aspekte ihrer Arbeit konzentrieren können.
Entscheidungshilfe
KI-Systeme können als Entscheidungsunterstützung dienen, indem sie Empfehlungen auf Basis der analysierten Daten geben. So können Fachkräfte besser informierte Entscheidungen über Materialien, Designs und Technologien treffen.
Wartung und Instandhaltung
KI kann auch in der Nachbauphase nützlich sein, indem sie die Wartung und Instandhaltung von Gebäuden unterstützt. Durch die Überwachung der Gebäudesysteme können Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor sie größere Schäden verursachen.
Beim Thema KI handelt es sich um einen absoluten Trend. Deren Einsatz bzw. Präsenz wird die Baubranche über die nächsten Jahre maßgeblich prägen.
Die Tendenz der Künstlichen Intelligenz (KI) im Bausektor bewegt sich in Richtung einer noch umfassenderen Integration und fortschrittlicheren Anwendungen. Diese werden sowohl die Ressourceneffizienz als auch die Qualität des Bauens verbessern.
Die KI wird in schnellem Tempo leistungsfähiger, was die Datenverarbeitung angeht. Das erlaubt schnellere und häufig fundiertere Entscheidungen, einen vorausschauenden Betrieb von Gebäuden sowie eine optimierte Sicherheit am Bau.
3) Verwendete Baustoffe
Zusätzlich zur Optimierung des allgemeinen Rohstoffverbrauchs wird auch auf recyclebare Baustoffe gesetzt. Wiederverwertbare und umweltfreundliche Baustoffe reduzieren nämlich nicht nur die Umweltbelastung vor und während des Baus, sondern gestalten den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes nachhaltiger. Es profitieren also der Rohstoffabbau, der Bau und der Betrieb von der Verwendung nachhaltiger Baustoffen.
Vor allem diese zwei unverzichtbaren Baustoffe weisen massive Emissionen auf:
- Beton: 590 Kilogramm CO₂ pro Tonne Zement
- Stahl: 1,5 Tonnen CO₂ pro Tonne Stahl
Ökobilanz
Man spricht bei diesem Aspekt häufig von der Ökobilanz. Sie dient dazu, die Umweltrisiken von Bauprodukten festzustellen und zu bewerten. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus eines Materials betrachtet, inklusive Abbau, Herstellung, Verwendung und Entsorgung (bzw. Recyclingfähigkeit).
So können Baustoffe bzw. ihre Lebensdauer einfacher miteinander verglichen werden. Das macht es Bauverantwortlichen leichter, die geeignetsten Baustoffe hinsichtlich Nachhaltigkeit auszuwählen. Sie können Gebäude von Anfang an so planen, dass deren gesamter Lebenszyklus das Optimum an Energieeffizienz aufweist.
Baustoffe
Geht es um Baumaterialien, so soll das Naturmaterial Holz hervorgehoben werden. Holz ist als Baustoff nachhaltig, denn der Rohstoff weist einige sehr vorteilhafte, umweltschonende Eigenschaften auf:
- Erneuerbarkeit: wächst in Wäldern durch gezielte Aufforstung und verantwortungsvolle Forstwirtschaft nach
- CO₂-Speicherung: Bäume absorbieren CO₂ und speichern Kohlenstoff
- Energieeffiziente Produktion: Holz zu Bauholz zu verarbeiten kostet weniger Energie als Stahl zu Halbzeug zu verarbeiten
- Recyclingfähigkeit: Holz kann recycelt und kompostiert werden
Ebenfalls erwähnenswert ist der CO₂-reduzierte Beton. Beton ist einer der meistgenutzten Baustoffe weltweit, aber seine Produktion, insbesondere die Herstellung von Zement, ist für 7–8 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich.
CO₂-reduzierter Beton adressiert dieses Problem durch verschiedene Ansätze:
Verwendung von Alternativen zu Portlandzement: Portlandzement ist eine Hauptquelle für CO₂-Emissionen in der Betonherstellung. Alternativen wie Flugasche, Schlacke oder Kalkstein können den Bedarf an Portlandzement verringern. Auch ein anderes Bindemittel kann den CO₂-Fußabdruck von Zement verringern.
Recycling von Beton: Wiederverwendung von Betonabfällen reduziert die Notwendigkeit, neuen Beton zu produzieren, und verringert so die damit verbundenen Emissionen.
Einsatz erneuerbarer Energien: Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen bei der Betonproduktion kann den CO₂-Fußabdruck weiter reduzieren – vor allem bei der Herstellung von Zement.
Nachhaltige Bauprojekte
Es gibt in Österreich bereits einige Bauprojekte, die mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit betrieben werden bzw. wurden. Dazu gehören etwa folgende Bauten:
- Wien: Smart Campus (Bürogebäude der Wiener Netze)
- Wien: Universitätsgebäude TÜWI
- Innsbruck Land: Kinder- und Jugendpsychiatrie des Landeskrankenhauses Hall in Tirol
4) Flotte an Baumaschinen
Viel Potenzial birgt auch die Verwendung von Baustellenfahrzeugen bzw. Baumaschinen mit Elektroantrieb. Da eine Maschine wie ein Dieselbagger oder Radlader im Zuge eines geschäftigen Arbeitstages mit vielen Einsatzstunden schon mal 100 Liter Treibstoff verbrauchen kann, ist die Suche nach Alternativen naheliegend.
Folgende Maschinen gibt es bereits mit elektrischem Antrieb:
- Kraftfahrzeuge wie LKW
- Bagger in verschiedenen Größen (vor allem Minibagger)
- Radlader
Einige Maschinen sind zudem mit regenerativen Bremssystemen ausgestattet, um Energie zurückzugewinnen. Die bereits besprochene KI kann auch dazu beitragen, Leerläufe oder gar Stillstände zu vermeiden und Nutzungsphasen besser zu strukturieren und zu optimieren.
Schwieriger wird es bei sehr großen Maschinen. Diese können zwar prinzipiell mit genug elektrischer Energie ausgestattet werden, jedoch gibt es nicht ausreichend Lademöglichkeiten für so energiebedürftige Kraftpakete, die unter Umständen auch auf entlegenen Baustellen zum Einsatz kommen.
Fazit
Die Baubranche sieht sich an einem Wendepunkt, an dem der Übergang zu nachhaltigeren Praktiken nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. Die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes und die Einhaltung der ESG-Kriterien sind entscheidende Schritte, um diesen Wandel zu unterstützen und zu steuern.
Besonders in den Vordergrund treten die Bauplanung und das Baumanagement, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, die Verwendung nachhaltiger Baustoffe und eine elektrisch betriebene Flotte an Baumaschinen. Diese vier Aspekte bergen besonders viel Einsparungspotenzial, was verwendete Ressourcen und CO₂-Emissionen angeht. Gebäude stehen schneller, halten länger und geben die gesamte Lebensdauer über weniger CO₂ ab.
Über den Autoren
Bmstr. Walter Fürthauer ist ein erfahrener Baumeister und gelernter Maurer, der zudem als Leiter von Hoch-, Wohn- und Betriebsbauten umfassende Kenntnisse über die Herausforderungen in der Baubranche besitzt. Die fortschreitende Digitalisierung hat seine Vision vom vernetzten Bau weiter gestärkt, und aus diesem Grund hat er sein gesamtes Fachwissen in die Entwicklung von BauMaster® investiert. Dabei handelt es sich um eine umfassende Bauprojektmanagement-Software, die sämtliche Anforderungen von Bauverantwortlichen von der Bauplanung bis zur Objektübergabe jederzeit erfüllt.